Das typische Jupa ist untypisch

 

Was haben Schneeflocken, Fingerabdrücke und Jugendparlamente (Jupas) gemeinsam? Es gibt keine identischen Ausprägungen davon. So wie es rund 80 Jupas in der Schweiz gibt, so gibt es auch rund 80 verschiedene Organisationsformen. Generalisierende Aussagen über Jupas zu formulieren, ist deshalb nicht einfach. Doch gleichzeitig ist die Diversität der Jupas Garantin dafür, dass die Jupas gemäss den Wünschen und Bedürfnissen der Jugendlichen vor Ort organisiert sind.
 

Jonas Hirschi, März 2019

Die Unterschiedlichkeit der Jupas zeigt sich bereits in der Namensgebung: Jugendparlament, Jugendrat, Junger Rat oder Jugend und Politik bezeichnen eigentlich alle das Gleiche: Eine Organisation, in der sich Jugendliche für Jugendliche einsetzen. Doch damit hat es sich schon mit den Gemeinsamkeiten. Das typische Jupa gibt es nicht. Deshalb soll hier das Verbindende in der Diversität aufgezeigt werden.
 

Unterschiedliche Einzugsgebiete und rechtliche Grundlagen 

Dass es kommunale und kantonale Jupas gibt, ist in der föderalen Schweiz im Grunde wenig erstaunlich. Allerdings gibt es auch regionale Jupas, die wie im Falle von Surental vier Gemeinden gleichzeitig ansprechen; oder das Jugendparlament Berner Oberland, welches das Gebiet von Thun bis und mit Meiringen (inkl. Grindelwald und Lauterbrunnen) bei sich vereint. Ein nationales Jugendparlament gibt es in der Schweiz hingegen (noch) nicht. Auch die rechtlichen Grundlagen der Jupas können sehr unterschiedlich sein. Die meisten Jupas sind als privatrechtlicher Verein gegründet. Zudem gibt es aber auch einige öffentlich-rechtliche Jupas, die beispielsweise als regierungsrätliche Kommission Teil der Verwaltung sind. Natürlich existiert auch diesbezüglich ein Spezialfall: Das Jugendparlament Kanton Zürich ist zwar ein privatrechtlicher Verein, wird aber von Kanton Zürich offiziell öffentlich-rechtlich anerkannt. Dadurch können die Mitglieder des Jupas Kanton Zürich selber über die Statuten des Vereins bestimmen. Die Finanzierung durch den Kanton ist aber gesichert und die Benutzung des Rathauses ist beispielsweise ebenfalls rechtlich verankert.


Zweierlei Tätigkeiten der Jupas

Jupas verfolgen grundsätzlich zwei Arten von Tätigkeiten: Entweder setzen sie sich über den politischen Weg für die Jugend ein und/oder sie realisieren Projekte für Jugendliche. Grundsätzlich fokussieren sich kleinere Jupas mit tiefem Budget eher auf die klassische Politarbeit. Eine Stellungnahme zu publizieren, beim Gemeinderat zu lobbyieren oder eine Petition zu lancieren ist mit weniger Ressourcenaufwand verbunden als grössere Projekte für Jugendliche in Angriff zu nehmen. Für die Umsetzung von Projekten sind kleinere Jupas daher meist auf die finanzielle Unterstützung von Sponsoren angewiesen. Die Organisation von grösseren Kulturfestivals und Partys verlangt hingegen oft ein umfangreicheres Budget und eine genügend hohe Anzahl engagierter Jupa-Mitglieder. Meistens können die Jupas dabei auch auf externe HelferInnen, Geschwister, ehemalige Jupaler sowie Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen.

Natürlich überlappen sich die klassische Politarbeit und die Projektarbeit vielfach und so organisieren Jupas oft politische Projekte. Das Politikverständnis der Jupas ist dementsprechend sehr breit gefasst. So kann auch ein Webradio, bei dem Jugendliche eine Sendung gestalten können oder eine Silent-Party, bei der Jugendliche feiern können ohne in Konflikt mit den AnwohnerInnen zu geraten, als ein politisches Projekt bezeichnet werden. Grundsätzlich gilt, Jupas engagieren sich dann politisch, wenn sie etwas stört.
 

Einheitliche Strukturen der Jupas

Die Strukturen der Jupas weisen schon eher gemeinsame Züge auf. Wie man es aus anderen Vereinen kennt, gibt es in fast allen Jupas eine Mitgliederversammlung, einen Vorstand und Arbeitsgruppen. Allerdings ist die Namensgebung dieser Gremien sehr unterschiedlich: Die Mitgliederversammlung kann auch Vollversammlung, Jahresversammlung oder Plenum genannt werden, der Vorstand heisst teilweise Büro und die Arbeitsgruppen treten auch als Projektgruppen in Erscheinung.
 

Flexibilität birgt Vorteile

Die Diversität der Jupas macht es also schwierig, allgemeingültige Aussagen über sie zu treffen. Wieso gibt es keine Bestrebungen vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ, die Jupas zu harmonisieren und anzugleichen? Es gibt natürlich einen triftigen Grund dagegen: Die Anpassungsfähigkeit der Jupas erlaubt es, auf die Begebenheiten vor Ort einzugehen. Wenn sich beispielsweise politischer Widerstand gegen ein öffentlich-rechtliches Jugendparlament formiert, steht es den Jugendlichen immer noch offen, kurzerhand ein privatrechtliches Jupa zu gründen. Oder wenn sich etwa der Lebensraum der Jugendlichen nicht mit den Gemeindegrenzen deckt, kann das Jupa eine regionale Ausrichtung annehmen.

Es gibt also kein typisches Jupa, dafür Jupas, die perfekt den Wünschen der Jugendlichen vor Ort entsprechen. Das macht die Arbeit mit den Jupas nicht unbedingt einfacher, dafür aber umso interessanter.


Weitere Informationen zu Jupas: https://www.youpa.ch/jugendparlamente/was-ist-ein-jupa/