2023 finden endlich wieder nationale Wahlen statt! Weshalb dies ein Grund zum Feiern ist und warum du unbedingt teilnehmen solltest, erfährst du in diesem Dossier.
Wählen ist aus ganz vielen Gründen enorm wichtig. An den diesjährigen Wahlen wird das nationale Parlament (die Bundesversammlung) gewählt. Das Parlament hat zwei Kammern: den National- und den Ständerat. Insgesamt vertreten darin 246 Personen aus allen 26 Kantonen die Bevölkerung – und dich! Die Wahl bestimmt die politische Ausrichtung der Schweiz für die nächsten vier Jahre. Das ist richtungsweisender als Abstimmungen. Konkret entscheiden die Parlamentarier:innen jährlich über sehr viele Geschäfte. Zur Veranschaulichung: Während es im Jahr 2022 elf nationale Volksabstimmungen gab, hat allein der Nationalrat (200 Personen) während der Sessionen im Jahr 2022 über 1222 Vorlagen entschieden. Nur ein Bruchteil der Entscheidungen werden also schlussendlich von der Bevölkerung gefällt. Ausserdem können alle gewählten Parlamentarier:innen Vorstösse einreichen. Im Jahr 2022 haben Parlamentarier:innen 547Motionen eingereicht. Motionen sind eine Art von Vorstoss, den Fraktionen oder Parlamentarier:innen einreichen können. Daneben gibt es noch weitere Vorstossarten, wie die Interpellation, das Postulat oder eine parlamentarische Initiative. Durch das Einreichen von Vorstössen entscheiden die Parlamentarier:innen über welche Themen überhaupt debattiert wird und was gar nicht erst zur Sprache kommt. Wählst du also Personen, die ähnliche Interessen haben wie du, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in der nationalen Politik über Dinge diskutiert wird, die dir wichtig sind. Das Parlament entscheidet auch darüber, wie die Finanzen verteilet werden, also auch zu einem gewissen Teil, wie deine Steuergelder eingesetzt werden.
Weiter wählen die Parlamentarier:innen viele wichtige Personen in der Schweiz. Sie wählen Personen in folgende Ämter: Mitglieder des Bundesrats, der/die Bundeskanzler:in, der/die Bundespräsident:in, Richter:innen der nationalen Gerichte, die Mitglieder der Bundesanwaltschaft und deren Aufsichtsbehörde und im Kriegsfall den General/ die Generalin. Parlamentarier:innen wählen häufig Personen, die ähnliche Meinungen wie sie selbst vertreten. Damit entscheidet das Parlament, wer in einige der wichtigsten und einflussreichsten Positionen der Schweiz kommt.
Wir sehen also, wie wichtig es ist, Personen im Parlament zu haben, die ähnliche Themen wichtig finden und eine ähnliche Einstellung haben. Im Vergleich zu der älteren Generation ist die Wahlbeteiligung der jungen Menschen meist tiefer. 2019 lag die Wahlbeteiligung der 18–24-Jährigen bei 33%. Das ist fast die Hälfte der Wahlbeteiligung, die die 65–74-Jährigen hatten (62%) (Selects). Im Schnitt lag die Wahlbeteiligung bei 45%. Wenn es 2019 nach den 18–24-Jährigen gegangen wäre, hätte die Sitzverteilung unter den Parteien anders ausgesehen. Ob ihr wählen geht, macht einen Unterschied.
Junge Menschen haben nicht nur weniger an Wahlen teilgenommen, sie sind auch nicht so gut deskriptiv repräsentiert im Parlament. Zum Zeitpunkt der Wahlen 2019 waren 2 Personen im nationalen Parlament 25-jährig oder jünger, was 0.81% entspricht. Im Vergleich dazu waren 2019 8.8% der Bevölkerung zwischen 18 und 25 Jahre alt. Wenn die Personen zwischen 18 und 30 Jahren betrachtet werden, zeigt sich ebenfallsein grosser Unterschied. Bei der Wahl 2019 waren acht Personen aus dem Parlament in dieser Altersspanne, was 3.3% entspricht. Der Anteil der 18- bis 30-Jährigen in der Bevölkerung lag hingegen bei 15.6%.
Wählen ist nicht nur wichtig, sondern auch ein Privileg. Wenn die gesamte Schweiz betrachtet wird, haben bei weitem nicht alle Menschen die Chance wählen zu gehen. 2019 waren 63% der gesamten Bevölkerung wahlberechtigt. Personen ohne Schweizer Pass, diejenigen unter 18 Jahren und Menschen, die als nicht urteilsfähig gelten besitzen kein Wahlrecht. Da von allen, die das Wahlrecht haben nur 45% an den Wahlen teilgenommen haben, bestimmt schliesslich rund ein Viertel der Bevölkerung darüber, wie das Schweizer Parlament zusammengesetzt ist. Im Durchschnitt braucht man eine Stunde fürs Wählen und garantiert so, dass die eigene Meinung und Einstellung in der Schweizer Politik vertreten sind. Wenn du das Wahlrecht besitzt, dann nutze es auch!
Wenn in die Vergangenheit geschaut wird, erscheint das Wahlrecht gerade für junge Personen als noch grösseres Privileg. Seit 1991 können die 18- und 19-jährigen an den Wahlen teilnehmen. Zuvor war das Wahlrechtsalter auf 20 Jahren festgelegt. Und: Frauen dürfen in der Schweiz erst seit 1971, und 2023 erst zum 14ten Mal überhaupt an den nationalen Wahlen teilnehmen.
Auch der Blick in die Zukunft spricht dafür an den Wahlen teilzunehmen. Wenn davon ausgegangen wird, dass eine Person nur im Alter von 18 bis ca. 80 Jahren die reale Möglichkeit hat sich an einer Wahl zu beteiligen, ergeben sich im Leben nur rund 15 Gelegenheiten an einer nationalen Wahl teilzunehmen.
Schliesslich bietet auch der Blick über die Landesgrenze hinaus ein wichtiges Argument, weshalb wählen zu dürfen ein grosses Privileg ist. Nur etwa 45,3% der weltweiten Bevölkerung leben in einer Demokratie und nur 8% der Weltbevölkerung und 14.4% der Länder lebt in einer solch ausgeprägten Demokratie wie die Menschen in der Schweiz. Insbesondere bezüglich des Wahlverfahrens ist die Schweiz eine der weitesten entwickelten Demokratien, da sie freie, regelmässige, unabhängige und faire Wahlen garantiert. An solchen Wahlen teilnehmen zu dürfen, ist also ein Privileg, das nicht viele Menschen auf der Welt besitzen.